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USA-Austausch 2019

Die Vorfreude, aber auch ein wenig Nervosität, war uns wahrscheinlich allen anzusehen als wir uns am 16. Oktober 2019 um 8.30 Uhr am Stuttgarter Flughafen trafen.

Schließlich war es für viele von uns der erste Austausch so weit weg von Zuhause. Doch kann man mit Sicherheit sagen, dass die Vorfreude, die elf Austauschschüler wiederzusehen, die uns im Sommer für zwei Wochen am GKM besucht hatten, überwog. Die äußerst großzügige Zeitplanung, von der wir alle erst verwundert waren, erwies sich schnell als absolut nötig: schon beim Koffer einchecken gab es Probleme, denn die Umbuchung einer Schülerin hatte nicht funktioniert und so mussten wir eine Stunde lang bangen, während unsere Lehrerin Frau Brechtel alle Hebel in Bewegung setzte, um dieses umgebuchte Flugticket doch noch zu bekommen. Die Bemühungen lohnten sich und so konnten wir alle, nur noch mit Handgepäck beladen, endlich unsere Reise antreten. Nach einem Zehn-Stunden-Flug nach Atlanta, auf dem der ein oder andere Filme geschaut, Musik gehört und verhältnismäßig überraschend gutes Flugzeugessen verspeist wurde, war unsere Anreise allerdings noch nicht zu Ende. Nun hieß es, nach der Zollkontrolle fünf Stunden Aufenthalt in Atlanta zu überbrücken, bis wir dann todmüde an der OSSM (Oklahoma School of Science) in Oklahoma City ankamen.

Wer denkt, wir konnten erst einmal nach unserer weiten Reise ausschlafen, liegt falsch. Um 7.30 Uhr am nächsten Morgen ging es zum Frühstück, welches gemeinsam in der sogenannten “Great Hall” eingenommen wird. Danach wurden wir mit den Schulregeln bekannt gemacht und anschließend von zwei Schülern ausführlich über den ganzen Campus geführt. Neben dem Wohngebäude mit Schlafsälen und der Great Hall gibt es auf dem riesigen Gelände noch das MAC (ein großes Schulgebäude), ein Laborhaus, eine Bibliothek und das Gym, zu dem eine große Sporthalle sowie ein Bereich mit Trainingsgeräten gehört. Anschließend bekamen wir noch die Stundenpläne unserer Austauschschüler ausgeteilt, die einige Fragen aufwarfen. “Warum muss man um 8 Uhr ins MAC, obwohl der Unterricht erst um halb 10 beginnt?”, ”Habt ihr auch so komische Pausen?”, “ Muss ich mit in Latein, ich kann doch gar kein Latein?”, “Warum haben die jeden Tag Physik?”, ... Walmart, der Supermarkt für uns in den USA, war das nächste Ziel der Deutschen. Alles, was wir nicht von Zuhause mitnehmen konnten oder wollten, landete, nach anfänglichen Orientierungsschwierigkeiten, im Einkaufswagen. Ob Shampoo, Süßigkeiten oder Neun-Dollar-Uhren, alle wurden fündig. Zurück am OSSM erwartete uns ein Flagfootballspiel zwischen Seniors und Juniors, das wir alle gespannt verfolgten, während wir den langen Tag mit Burgern ausklingen ließen- typisch amerikanisch eben.

Auch am dritten Tag unserer Reise war nicht viel Zeit zum Entspannen: ein Van beförderte uns über die holprigen Straßen Oklahomas zur OSU, der Oklahoma State University. Genau wie am OSSM fiel uns sofort der perfekt gestutzte Rasen ins Auge, dann folgte eine Tour über den riesigen Campus der Universität. Für das anstehende Homecoming, ein riesiges Event an der Uni, waren einige

Attraktionen vorbereitet worden, die außer uns auch viele andere Touristen anzogen. So war zum Beispiel das Wasser im Brunnen orange gefärbt (die Farbe der ”Cowboys”) und riesige Bilder, die wie riesige Mosaike aus lauter kleinen Krepppapierstreifen, die per Hand durch ein Gitter gezogen werden, waren aufgestellt. Diese unglaublich aufwändigen (und teuren) Kunstwerke bestaunten wir, während wir uns immer wieder vom demselben Countrysong beschallen ließen. Nachdem wir einige Stunden über den Campus gelaufen waren, freuten wir uns besonders, als eine Frau uns mit Wasser, Hotdogs und Keksen versorgte. Auch die euphorischen Reaktionen der Amerikaner am OSU, als sie herausfanden, dass wir aus Deutschland sind, freuten uns sehr. Schließlich mussten wir leider wieder aufbrechen, um pünktlich zur täglichen “Study Time” von 20 bis 22 Uhr wieder am OSSM zu sein. Davor holten wir uns allerdings noch ein Abendessen to go bei der Kette Panera, die mit unseren deutschen Namen sichtlich überfordert war. Von 22 bis 23 Uhr hatten wir noch Zeit uns mit den Amerikanern auf unserem Stockwerk zu unterhalten, was meistens zu lustigen Situationen führte. Danach war es Zeit zu schlafen, welche die Amerikaner jedoch oft zum Lernen nutzten. Wir waren jedoch nach dem langen Tag sehr erschöpft und froh, endlich in unsere Hochbetten fallen zu können.

Am kommenden Samstag hatten alle unsere Austauschpartner einen wichtigen Test morgens, was für uns bedeutete, dass wir früh morgens aus der “Great Hall” verbannt wurden. Da war dann nichts mit ausschlafen, leider. Obwohl der Morgen eigentlich zum Nachholen des Schulstoffs gedacht war, fehlte uns die nötige Motivation und so landeten wir ganz ausversehen auf Instagram oder schauten lustige Katzenvideos. Nachmittags erkundeten wir gemeinsam mit unseren Austauschschülern Bricktown. Die Stadtrallye führte uns zu verschiedenen Orten in Oklahoma City, was bei den fast 30 Grad Außentemperatur aber doch etwas anstrengend war. Nach unserer Rückkehr waren wir alle schon ziemlich gespannt auf die sogenannte “International Night”. Mit der Zeit kamen immer mehr Eltern der Schüler des OSSMs vorbei, oft in Trachten des jeweiligen Heimatlandes, um das Essen aus ihrer Kultur für das überwältigende Buffet vorbeizubringen, was kurze Zeit später gemeinsam in der “Great Hall” verspeist wurde. Im Anschluss machten wir uns auf dem Weg zum Gym, in dem uns einige Aufführungen erwarteten. Auch die Schüler trugen alle zu ihrer Kultur passende Kleidung, in der sie in der Sporthalle grandiose Tanz- oder Gesangsperformances lieferten – von Bollywood bis Hip-Hop war alles dabei. Nach dem der offizielle “International Evening” vorbei war, veranstalteten die Schüler im Hobbykeller eine kleine Party, wo getanzt, gelacht, Tischtennis und Billard gespielt oder einfach gechillt wurde.  

Am darauffolgenden Sonntag durften wir endlich ausschlafen, da wir erst um zwölf Uhr von Dr. Wang, dem Schulleiter, zum Essen in ein asiatisches Restaurant eingeladen waren. Nachdem wir alle Energie getankt hatten, machten wir uns auf den Weg zum Restaurant, wo wir uns alle die Bäuche vollschlugen, was eventuell nicht die schlauste Entscheidung war, da wir nach dem Essen nach “Frontier City”, einem Freizeitpark, fuhren. Dort erwarteten uns nicht nur einige Achterbahnen, sondern auch das “Fright Fest”, passend zu Halloween. Als wir an einer Achterbahn in der Schlange standen, bekam der Sicherheitsmitarbeiter mit, dass wir aus einem anderen Land kamen und fragte uns deshalb nach unserer Nationalität und unseren Namen. Daraufhin machte er eine Durchsage für alle Besucher, dass sie zum ersten Mal deutsche Besucher hätten. Das Ganze war uns etwas peinlich, da alle uns anstarrten. Trotzdem waren wir traurig, als wir zuletzt den Freizeitpark wieder verlassen mussten und zur Schule zurückkehrten. Nach einem aufregenden Tag waren wir aber alle froh, als wir in unsere Hochbetten fallen konnten, natürlich erst nach der wie immer sehr “produktiven” Study Time.

Die nächste Woche begann für uns eher ereignislos mit einem normalen Schultag. In den Pausen lief man den anderen Deutschen meistens im Computer Lab über den Weg, da wir ohne unsere Handys plötzlich wieder auf Emails angewiesen waren um den verpassten Schulstoff nachzuholen. Eine spaßigere Alternative, sich die Zeit sinnvoll zu vertreiben war es, den Puppies einen Besuch abzustatten. Wer will schon lernen, wenn man auch Hunde streicheln kann? Inzwischen hatten wir uns zum Glück auch ganz gut eingelebt, einige Lehrer kannten uns schon und vor allem der Deutschlehrer aus Berlin freute sich immer uns Deutschen plaudern zu können. Manche Lehrer hielten uns allerdings für richtige Schüler, was schnell zu Missverständnissen führte, vor allem weil wir nicht mitschrieben und eher teilnahmslos versuchten den Unterricht zu verfolgen. Das führte für zwei von uns sogar zu “Room Restriction”, einer Art Hausarrest über zwei Tage. Durch Frau Brechtels tapferes Verhandeln durften beide Pechvögel zum Glück noch zum Ausflug am nächsten Tag mit, allerdings mussten beide auf dem Zimmer bleiben, während wir anderen das Gym aufsuchten um das doch eher ungesunde amerikanische Essen zu kompensieren. Die Study Time verbrachten wir, wie immer, in der Great Hall, der Versuch zu lernen scheiterte allerdings oft an der Uhrzeit.

Auch am Dienstag durften wir zunächst in den Unterricht, der wie gewohnt verlief. Auch wenn Kurse wie Ethics oder Java uns oft eher langweilten, konnten wir uns gut beschäftigen, was zum Teil an unseren Austauschschülern lag, die für uns Sudokus ausdruckten oder Filme auf ihren Laptops laufen ließen um uns zu unterhalten. Nachmittags freuten wir uns dann doch sehr, endlich wieder in die Freiheit zu kommen. Wir verließen den Campus, der mehr oder weniger liebevoll als “Prison” bekannt ist um uns das Memorial zum Anschlag in Oklahoma City 1995 anzuschauen, der neben 9/11 zu den schlimmsten der USA zählt. Das Denkmal und das interaktive Museum beeindruckten vor allem durch eindrucksvolle Darstellungen des Geschehens. Wir alle waren beim Verlassen des Museums sprachlos und ein wenig entsetzt. Ganz unamerikanisch liefen wir im Anschluss ca. 20 Minuten zurück zum OSSM. Schließlich ließen wir den Tag wie gewohnt mit der heiß geliebten Study Time ausklingen.

Mittwoch bis Freitag verbrachten wir vor allem in der Schule. Der kleine Ausflug zu einem Riesenrad am Mittwochnachmittag bot daher etwas Abwechslung. Ob nun die Aussicht auf Oklahoma City oder das kostenlose WLAN das Highlight dieser Tour waren, variiert von Schüler zu Schüler. Fest steht, dass wir uns alle freuten, als wir am Freitagnachmittag zu unseren Gastfamilien aufbrachen, bei denen wir das Wochenende verbringen würden. Von Kürbisschnitzen bis zu Familientreffen war jedem von uns ein spannendes Programm geboten, das wir am Sonntagabend mit einem

gemeinsamen Besuch in einem Escape Room und Pizza beendeten. Schwierigkeiten gab es im Escape Room vor allem beim deutschen Team, das bei “Checkmate” fast versagte, aber auch bei den Amerikanern, die in einem Gruselzimmer gefangen waren.

An den letzten drei Tagen in Oklahoma City besuchten wir noch das sogenannte “Landrun Memorial”, machten eine ausführliche Führung im Kapitol Oklahomas und besuchten an unserem letzten Tag noch das Kunstmuseum.

Am Mittwochabend hieß es dann die letzte Wäsche aus dem Trockner holen, Koffer packen und endgültig Abschied nehmen. Nach der Verabschiedung, bei der die ein oder andere Träne floss, wurde uns allen erst einmal bewusst, dass wir diese Menschen wahrscheinlich nie wieder sehen werden. Die unvergessliche Zeit, mit unseren neugewonnenen Freunden aus Oklahoma war vorbei.

Der zweite Teil unserer Reise begann am Donnerstagmorgen um 5.30 Uhr, an dem sich zwei unserer

Austauschschüler extra die Mühe gemacht hatten, früh aufzustehen, um uns noch einmal richtig

Tschüss zu sagen, und so standen wir – die Amerikaner teilweise in kurzer Hose und Flip Flops – bei Minus 3 Grad Celsius vor dem OSSM, um auf unsere Taxis zu warten, die uns, nach einem kleinen Missverständnis bezüglich der Anzahl der Koffer und der Größe der Autos, zum Flughafen brachten.

Nach dem zweistündigen Flug nach Detroit holten unsere Lehrerinnen die Autos ab, die auf unserem Roadtrip unsere ständigen Begleiter sein würden: ein roter Geländewagen und ein riesiger Zwölfsitzer-Van. Hintereinander fuhren wir in unsere erste Unterkunft, ein gemütliches Motel, wo wir uns allerdings nicht lange aufhielten, da ein großflächiges Outlet auf dem Programm stand, von dem die meisten von uns nach einer ausgiebigen Shoppingtour mit einer

Menge Tüten und Taschen zurückkehrten - und einem deutlich leichteren Geldbeutel. Wie es der Zufall wollte, war an jenem Tag Halloween, weswegen unsere Lehrerinnen als Überraschung sogenannte Exit Games mitgebracht hatten, die sich als ein Escape Room in Brettspielformat beschreiben lassen. Nachdem wir unsere Gehirnzellen also für ein letztes Mal nach diesem langen Tag angestrengt hatten, fielen wir hundemüde in unsere Betten, jedoch nicht ohne die Heizung in zwei unserer Zimmer durch jeweils einen Heizlüfter zu ersetzen, da die erstere ungünstigerweise defekt war.

Mit mindestens genauso viel Action ging es am nächsten Tag weiter, den wir nach einem kurzen Frühstück in Ann Arbor verbrachten. Bei eisigen Temperaturen hatten wir den ganzen Vormittag Zeit das Städtchen zu erkunden, den Michigan Shop leerzukaufen, uns auf dem Gelände der Universität umzuschauen oder einfach gemütlich Kaffee zu trinken. Im Anschluss ging es weiter nach Detroit zum Motown Museum, das sich mit der Geschichte des gleichnamigen Plattenlabels auseinandersetzt. Ein absolutes Highlight der Führung war vermutlich das Studio, in dem unser enthusiastischer Guide uns unsere verborgenen Singkünste entlockte. 

Auch am darauffolgenden Tag stand ein Museum auf dem Programm: das Henry Ford Museum. Vor allem der Besuch in der Fabrik beeindruckte uns sehr. Nach einer kurzen, aber eindrücklichen Fahrt durch die Stadt Detroit mit ihren heruntergekommenen und verlassenen Häusern, ließen wir den Tag in einem Steakhouse ausklingen. 

Am nächsten Tag war es endlich soweit und wir machten uns auf den Weg nach Chicago. Die vierstündige Autofahrt stellte sich allerdings als sehr kurzweilig heraus und so waren wir bester Laune als wir endlich das Hotel erreichten. Gleich im Anschluss fuhren wir mit dem Bus in die Innenstadt, die wir für einige Stunden in Gruppen erkundeten. Dabei durften die Fotosession an der berühmten Bohne, ein Spaziergang im Park und lange (Souvenir-) Shoppingtouren nicht fehlen. Nach einem gemeinsamen Abendessen bei Nando’s endete auch dieser lange Tag.

Schließlich brach der gefürchtete letzte Tag an, den wir im Museum of Science and Industry starteten. Am Nachmittag konnten wir noch einmal die Innenstadt mit all den Wolkenkratzern bewundern, bis wir uns schließlich für das Highlight der gesamten Reise trafen. Pünktlich zur Dämmerung fuhren wir auf eine 360 Grad Aussichtsplattform auf einen der Wolkenkratzer und sahen wie die Lichter der Stadt nach und nach erleuchteten. Dieser grandiose Ausblick auf Chicago und das darauffolgende Pizzaessen waren ein würdiges Ende für unsere fantastische Reise. 

Auf dem Rückflug am folgenden Tag waren wir traurig, dass alles zu Ende war, aber auch froh, unsere Familien nach drei langen und wundervollen Wochen wiederzusehen. Dem Chlorwasser und den Schlitzen an den Toilettentüren werden wir zwar nicht nachtrauern, aber sicher ist, dass die Zeit in den USA unvergesslich war und uns viele neue Erfahrungen und Freundschaften gebracht hat. Dafür wollen wir uns bei Frau Brechtel und Frau Martini, die uns so lange ertragen mussten, bedanken.

Miriam Volk, Paula Merkl, Relana Liebrand, Beatrice Kemke KS1